Juni 16

Ich möchte einfach nur dazugehören!

Von Lydia

Hallo, mein Name ist Tanu und ich bin 15 Jahre alt. Ich bin gerade erst in eine neue Klasse gekommen, da meine Eltern und ich umgezogen sind. Meine Klasse ist auf den ersten Blick eigentlich ganz in Ordnung: Die Mädchen und Jungen sind ungefähr von gleicher Anzahl, der Klassenlehrer Herr Nitsche ist auch ganz lustig. Die Schule geht auch völlig klar: ich fahre zwar jeden Morgen eine dreiviertel Stunde mit dem Bus in die Schule, aber das ist nicht so schlimm finde ich, denn meine Schule liegt mitten in einer Großstadt.

Doch niemand weiß, was in meiner Klasse wirklich abgeht!!! Ja okay, ich habe eine bisschen dunklere Haut als die anderen in meiner Klasse und einen etwas anderen Namen. Aber ich habe mir nicht ausgesucht, wo ich geboren wurde. Ich halte es auch für absolut unwichtig, es kommt doch auch auf die inneren Werte an und nicht auf das Aussehen oder? Ich wünsche keinem von euch das Gefühl, wie es ist, wenn man in seiner Klasse keine Freunde hat und ständig geärgert wird. Da sind solche Dinge wie Sachen verstecken, mit Papierkugeln abgeschossen werden oder bei Gruppenarbeiten die ganze Arbeit alleine machen … Klingt alles harmlos für euch?- Ihr könnt mir glauben, das ist es nicht. Das tut alles verdammt weh! Wenn ich mal krank bin (was ich sehr gerne öfter wäre – aber bestimmt nicht, weil ich gerne krank bin…), vermisst mich niemand. Sie brechen bestimmt alle in Jubel aus und haben so richtig große Freude. Sie ärgern mich ja auch nur in den Pausen, wenn kein Lehrer da ist. Wenn ich es dann unserem Klassenlehrer erzähle, glaubt er mir kein einziges Wort. Aber dass sich wirklich alle – und mit alle meine ich ALLE – gegen mich zusammenschließen und mich so runtermachen, das verstehe ich nicht. Ich habe ihnen ja nichts getan oder über sie gelästert. Sie müssen doch irgendeinen Grund haben?! Zum Glück habe ich noch einen guten Kumpel in einer Parallelklasse. Er heißt Tom und wir machen wirklich jeden Quatsch zusammen, mit ihm kann ich auch über alles reden, was mir so am Herzen liegt – und es ist in meiner Situation echt gut, so einen Freund zu haben. Oh, und falls ihr es wissen wollt, er ist ein ,,normaler “ Deutscher und hat auch eine helle Hautfarbe. Was ich ja gar nicht schlimm finde, weil ich seinen Charakter sehr mag – und er mag meinen.  

Einige Monate später…

Heute geht es auf Klassenfahrt!!!

Wir fahren in ein kleines Dorf und übernachten in einem Schullandheim. Das könnte bestimmt richtig cool werden, wenn da bloß meine blöde Klasse nicht wäre…

Wie man es sich eigentlich schon denke konnte, sitze ich alleine irgendwo in der Mitte des Busses und höre drei Stunden lang traurige Musik, schaue aus dem Fenster und genieße die Natur – und als wir dann eine Pause bei McDonald’s gemacht haben, bin ich einfach der Einzige gewesen, der im Bus sitzen geblieben ist. Aber ich habe zum Glück mit meinem Kumpel geschrieben. Das war wenigstens etwas Gutes. Als dann die Zimmer vergeben wurden, musste ich mich einfach dort eintragen, wo halt noch Platz war. Wie gesagt, ich sitze in der Mitte, aber der Zettel wurde mir von Paul und Frederic (die hinter mir saßen) einfach aus der Hand gerissen. Als wir dann endlich da waren, war ich der Letzte, der ausgestiegen ist. Meinen schweren Koffer musste ich dann auch noch ganz alleine tragen.

Etwas später …

Natürlich bin ich in einem Zimmer mit den größten zwei Vollpfosten aus meiner Klasse –  Klaus und Ingo. Das ist so schlimm! Sie werfen meine Sachen herum und immer, wenn ich im Bett liege, bekomme ich fast die Tür ins Gesicht. – Warum immer ich? – Und wenn die anderen aus meiner Klasse ins Zimmer kommen, beachten sie mich gar nicht. Einerseits gut, da können sie mich wenigstens nicht ärgern. Selbst für Herrn Nitsche scheine ich Luft zu sein.

Am Abend um 23:25…

Ich kann nicht schlafen, ich starre die ganze Zeit an die Wand und denke nach: Was wird wohl morgen passieren, und welche doofen Sprüche werde ich über mich ergehen lassen müssen. Mit Tom konnte ich auch nicht mehr schreiben, was sehr schade ist, denn ein bisschen Trost könnte ich jetzt gut gebrauchen.

Morgen geht’s auf Wandertag. Okay, ich werde jetzt nochmal ein bisschen schlafen – was ich eh nicht schaffen werde, aber okay, ich werde es versuchen!

Am nächsten Morgen…

Jetzt erstmal aufstehen und dann zum Frühstück. Ich bin so müde, aber ein Nutella-Brötchen wird mich wach machen.

Wow, das Nutella-Brötchen hat mir tatsächlich ein bisschen geholfen. Aber jetzt erstmal den Rucksack packen! –‚Was nehme ich wohl alles mit? ‘,  frage ich mich innerlich. Dann fang ich an zu packen: einen Regenschirm, viel zu essen, mein Geld, mein Handy, Powerbank und natürlich noch etwas zu trinken. Bevor es losgeht, ruhe ich mich noch ein bisschen aus und lese mir auf meinem Handy einen Artikel durch, der meine Aufmerksamkeit weckt: „Bitte helfen sie uns! Unsere Tochter ist seit vorgestern verschwunden.“ Sie heißt Mira Rensch und ist 15 Jahre alt.“ Ich bin geschockt! Die armen Eltern!

9:30 Uhr geht es endlich los. Ich laufe natürlich wie immer ganz hinten und höre Pop-Musik. Ich langweile mich sehr, deswegen denke ich über den Artikel, den ich gelesen habe, nach. Wieso ist dieses Mädchen bloß abgehauen? Hat sie Probleme in der Schule oder mit ihren Eltern? Oder ist ihr am Ende etwas passiert?! Es ist Herbst und so kalt! Ach, ich denke jetzt nicht weiter darüber nach, sonst werde ich noch trauriger. Es ist ja eh schon alles schwer für mich!

Endlich! Nach mehreren Stunden eine Pause. Unser Klassenlehrer ist ja sehr sportlich und wandert sehr oft mit seiner Frau.- Ich bin so kaputt, ich bin förmlich auf die Bank gefallen und fast eingeschlafen, das kann man sich gar nicht vorstellen. – Jetzt endlich etwas essen und trinken. Gerade habe ich noch süße Reserven in meinem Rucksack gefunden – ein kleiner Trost. Das teile ich aber mit niemandem, wirklich mit niemandem – warum sollte ich auch!?

Dies ist übrugens die Bank auf der ich gesessen habe.
https://www.1zoom.me/de/wallpaper/537168/z5892.2/2560×1440

Als ich dann aufstehen will, sehe ich plötzlich in der Ferne ein blondhaariges Mädchen durch den Wald rennen. Sie trägt eine lange Hose mit Löchern und einen roten Pullover mit einer Kapuze und hat einen schwarzen Rucksack dabei. Träum ich oder ist das gerade wirklich passiert? Könnte das dieses verschwundene Mädchen sein, warum denk ich gerade an sie? Ich weiß es auch nicht. Sie kann es doch gar nicht sein, das wäre ein zu großer Zufall. Aber warum rennt dieses Mädchen durch den Wald? Wird sie von jemandem verfolgt? Ich überlege, ihr hinterher zu rennen.

Soll ich oder nicht? Ich weiß es einfach nicht …


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Veröffentlicht16. Juni 2020 von admin in Kategorie "Vielseitig

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