Vergessene Kinder
Wie Sagen der Lausitz zu Kindern in einem Flüchtlingslager in Griechenland kommen
Von Kilian
In einer Zeit, in der die ganze Welt ihren Blick auf die Ukraine richtet, wird vergessen, dass es noch viele andere Menschen auf der Flucht vor Krieg und Vertreibung gibt. Sie existieren immer noch in „Grenzzwischenräumen“ – in Lagern in Griechenland, Italien und anderen Ländern der EU-Außengrenzen unter ganz unmenschlichen Bedingungen. Vor kurzem war eine Frau bei uns zu Gast, die sich genau für diese vergessenen Menschen einsetzt. Sie erzählte von ihrer Arbeit mit ihnen in einem Lager in Griechenland und sie beantwortete unsere Fragen.
Das Gespräch mit ihr hat uns sehr bewegt und viele Fragen in uns hinterlassen. Besonders berührt hat mich die Schilderung der Situation, dass Kinder warten müssen, bis ihr Leben eine bessernde Wendung nimmt, bis sie sie wieder normal spielen, lernen und ihr Leben genießen können.
Bettina Renner ist in Bautzen geboren und aufgewachsen. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin und auch in Bautzen. Sie ist eine Dokumentarfilmerin und hat Filme gemacht, die zum Beispiel von einem Lakota erzählen, der vor über 100 Jahren in Dresden beerdigt werden wollte – fern seiner Heimat, der Prärie Nordamerikas. In einem anderen Film begleitet sie den Teenager Haris beim Erwachsenwerden. Aber sie macht auch ganz andere Projekte, auch weil sie nicht nur anderen beim Leben zuschauen und es filmen will, sondern selbst aktiv sein möchte.
Vor ca. 2 Jahren wollte die Bundesregierung geflüchtete Menschen aus dem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos aufnehmen, doch die Pandemie verdrängte diese Situation auch in Deutschland. Da niemand mehr darüber sprach, ärgerte sich Bettina Renner sehr und recherchierte über dieses Lager auf der griechischen Insel. Tausende Menschen, die geflohen sind, müssen in Flüchtlingslagern leben – sie warten hier auf ein Gespräch mit den Behörden, um zu erzählen, warum sie nicht mehr in ihrer Heimat leben können. Und sie warten eine sehr lange Zeit – manchmal mehr als zwei Jahre – auf die Bearbeitung ihrer Anträge auf Asyl in der Europäischen Union. Die Lebensbedingungen sind sehr schlecht, menschenunwürdig. Auf engstem Raum, in Zelten oder Containern leben die Menschen. Es gibt zu wenige Toiletten, zu wenige Waschräume. Im Sommer ist es sehr heiß und staubig, im Winter sehr kalt. Für Essen müssen sie immer in Schlangen stehen, einen Arzt gibt es nur für wenige Stunden – auch dort sind immer Menschenschlangen. Bettina Renner traf bei ihrer Recherche auf eine Aktion von jungen Männern, darunter Sahil, ein junger Afghane. Er erzählte ihr, wie es für die Kinder sei, in einem Flüchtlingslager zu leben: Sie können nicht zur Schule gehen, es gibt keinen Kindergarten, noch nicht einmal einen Spielplatz, geschweige denn ein Haus, in dem sie sich treffen können. Sahil und seine Freunde beschlossen, trotz des eigenen Leids, sich um die Kinder zu kümmern, mit ihnen zu singen und in Olivenhainen zu spielen, damit sie Momente der Freude erleben. Dieses freiwillige Engagement der jungen Männer, welche selbst eigene Probleme haben, berührte Bettina Renner und sie fing an, mit Sahil über Facebook in Kontakt zu treten. Anfangs hat sie im Freundeskreis Geld gesammelt und es ihm geschickt, damit man für die Kinder vor Ort Materialien zum Basteln, Getränke und etwas Leckeres zu Essen kaufen kann.
Darauf folgte das Überlegen mit Kolleginnen, wie man kreative Programme gestalten könne, die den Kindern etwas Freude bringen. Sahil und seine Freunden machten nach den Anleitungen Workshops und kreative Spielnachmittage mit den Kindern.
Wie kann man auf die Situation der Kinder hier aufmerksam machen?
Weihnachten 2020. Erstes Projekt: Bettina Renner erzählte den Kindern im Flüchtlingslager Malakasa in Griechenland die Geschichte von unserer Tradition, einen Weihnachtsbaum zu schmücken. Die Kinder und Erwachsenen im Lager begannen, nach ihrer Fantasie Weihnachtsdekorationen zu basteln. Fotografien, die die Kinder im Workshop zeigen, aber auch ihre Basteleien, wurden mit Hilfe des Kulturamtes in Bautzen in den Fenstern des Rathauses in Bautzen ausgestellt. Sommer 2021: Bettina Renner begann das Projekt „Sagen der Lausitz in Malakasa“ und erzählte zuerst die Sage des „Riese[n] Sprejnik“. Die Kinder waren begeistert und wollten dazu basteln. Sie bauten diese Sagenwelten nach und haben sich „ihr Bautzen“ ausgedacht. Bilder von den Bauten und dem jeweiligen Kind wurden, wie eine fortlaufende Geschichte, in der Stadt zunächst überall aufgehangen. Das Kulturamt Bautzen leistete auch dabei Hilfe. Vielleicht habt ihr auch einige dieser Plakate in der Altstadt gesehen?

Kennt ihr die Geschichte vom Ritter Dutschmann? Nein? Dann geht einmal in die Ausstellung „Der mutige Ritter und das magische Pferd“ im Museum Bautzen!
Bettina Renner hat den Kindern im Lager Malakasa die Geschichte vom Ritter Dutschmann erzählt. Interessiert hörten die Kinder der Geschichte zu und stellten viele Fragen. Bettina Renner versteht zwar nur ein wenig Farsi, doch berichtet, dass sich die Kinder viel über – wie sie ihn nennen – „Prinz Dutschmaan“ unterhalten haben. Wieder entstanden kreative Bastelarbeiten. Die afghanischen Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren haben so gut wie alles gemeinsam gemacht. Außerdem merkten sich die Kinder aus der Sage zuvor, dass es in Bautzen die Spree gibt, welche in vielen Bastelarbeiten zu sehen ist, obwohl sie in der „Ritter Dutschmann“-Legende nicht vorkommt. Weil die Arbeiten so gut und interessant geworden sind und um den Kindern zu zeigen, dass sie gesehen werden, werden sie nun auch in der Ausstellung über den Ritter Dutschmann im Museum ausgestellt.
Die Kinder erfahren große Wertschätzung.
Damit die Kinder aus Afghanistan diese Ausstellung mit eigenen Augen sehen können und erleben, dass ihre Arbeiten öffentliches Interesse erfahren, versucht Bettina Renner, ihnen und ihren Familien einen Besuch in unserer Stadt vom 03.06. bis 06.06. zu ermöglichen. Das heißt, denjenigen Kindern und ihren Familien, die inzwischen in Deutschland angekommen sind. In diesem Zeitraum werden deshalb sechs der Kinder mit ihren Geschwistern und Eltern nach Bautzen eingeladen. Es soll ein Wochenende der Bautzen-Erlebnisse werden mit einer Stadtführung mit dem Türmer von Bautzen, Besuchen in Wasserkunst und Lauenturm. Außerdem können an dem Pfingstwochenende alle am öffentlichen Spiel und Kennenlernen im Stadtmuseum teilnehmen, wo auch die Arbeiten zu sehen sind. Am Samstag und Sonntag wird im TIK gemeinsam gekocht. Zudem bringen die Kinder aus Afghanistan auch etwas mit: Märchen aus ihrer Heimat, die sie im Thespis erzählen. Außerdem wird es einen Blog geben, der „Geschichten aus aller Welt“ heißt. Auf der Internetseite https://mut-und-magie.jimdosite.com steht bald das Programm – dort erfahrt ihr auch mehr über das Projekt. Viele unterstützen das Vorhaben und machen mit. Fördermittel allein reichen nicht aus, um alles zu finanzieren. Aus dem Grund werden über Willkommen in Bautzen e.V. (https://www.willkommeninbautzen.de/) derzeit Spenden gesammelt, um den Aufenthalt der Kinder und ihrer Familien für ein Wochenende hier zu finanzieren. Wer dieses Projekt unterstützen möchte, kann gern spenden.
WIE KANN ICH SPENDEN?
Die Spenden kann auf das unten angegebene Konto überwiesen werden. Bitte nenne im
Verwendungszweck immer den folgenden Bezug “ Projekt Bettina Renner”, damit die Spende
diesem Projekt auch richtig zugeordnet werden kann.
Kontoinhaber : Willkommen in Bautzen e.V.
Bank: Kreissparkasse Bautzen
IBAN : DE02855500001002022700 BIC: SOLADES1BAT
Der Verein ist beim Finanzamt Bautzen unter der Steuernummer 204 /142 /08534 als gemeinnützig
anerkannt und kann Spendenquittungen ausstellen. Diese werden am Ende des Jahres ausgestellt.
Um eine Spendenbescheinigung zu erhalten, notiere bitte auf der Spendenüberweisung unter
der Rubrik “Verwendungszweck” sowohl das Wort “Spende” als auch Deinen Namen und Deine
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